28.07.2022 Stockholm

Wir sind auf dem Rückweg nach Deutschland, in die Schweiz. Ich möchte meine Familie in Bayern besuchen, ein bisschen von dem heißen Sommer genießen und in den Bergen wandern.

Der Endpunkt unserer Norwegen-Reise der Ort Grense Jakobselv, der letzte Ort Norwegens an der russischen Grenze, ist erreicht und wir feiern dies mit einem köstlichen Apéro.

Noch einmal lässt uns die Natur staunen, unheimliche Stromschnellen, liebliche Landschaften lassen uns immer wieder anhalten. Wir fahren durch Tunnels, die unter dem Meer liegen.

Aber am schönsten für mich war der Ausflug von der Halbinsel Varanger zur Vogelinsel Hornøya.

Empfangen wurden wir von der Krähenscharbe (Phalacocorax aristotelis), dem Kormoran ähnlich.
Überall hat sie ein Nest gebaut, selbst in der Warte- und Schutzhütte.
Unter einem Stein fauchte uns ein brütendes Weibchen an.
Auch Trottellummen (Uria aalge) schauten uns argwöhnisch an, bereit zum Fliehen.
Endlich konnten wir den Papageitaucher (Fratercula artica) von ganz Nahem beobachten und fotografieren.

Aber es waren nicht diese einzelnen Vögel, sondern die vielen Tausende, die um uns schwirrten und schrien, die diese Insel so einmalig macht.

Platz ist rar.
Am Steilhang brüten sie und jeder kennt sein Nest.
Finden sie augenblicklich keinen Platz ruhen sie sich im Wasser aus oder fischen.

Dann geht es über Finnland Richtung Schweden. 450 km Einsamkeit, Seen, Wälder und Rentiere.

An der Grenze zu Finnland wurde der Reiseführer Norwegen mit dem finnischen ausgetauscht, die letzten norwegische Kronen verschenkt, Euros aus dem Safe geholt, nur dieKreditkarte blieb gleich. So informieren wir uns über die Region in Finnland, deren Gäste wir kurzfristig sind. Eine Holzkirche in Tornio, dem Grenzort zu Schweden an der Ostsee, hat uns besonders gutgefallen.

In Schweden angekommen geht das Spiel von neuem los, Reiseführer wechseln, Euro mit Schwedischen Kronen tauschen, Highlights an der Strecke nach Stockholm ausmachen. Nur Euros werden nicht verschenkt, die können wir in Deutschland ja wieder gebrauchen.

Aus dem Reiseführer haben wir unseren nächsten Halt in Luleå Gammelstaden gefunden. Warum haben wir hier gehalten? Gammelstaden ist eine von den vielen Kirchenstädten in Schweden, aber mit 450 Häusern die größte und best erhaltenste und gehört damit zum UNESCO-Welterbe. In Schweden gab es das Kirchganggesetz, so dass die von weither bisweilen tagelang angereisten Kirchgänger Unterkunft brauchten. Nach dieser vom Gesetz verordneten Reise konnte der König seine Untergebenen informieren und Steuer einziehen. Gleichzeitig gab es Markt. Heute werden die Häuser als Sommerhäuschen vermietet oder sind im Besitz von Familien.

Kirche aus dem frühen 15.Jh.
Häuser für angereiste Kirchgänger

Und das war unsere Reiseroute von Dänemark bis zurück nach Stockholm.

20.07.2022 Varanger

Heute ist wieder einmal schlechtes Wetter, Regen, Nebel und nur 11°. Da wir gelernt haben sowohl mit dem Reiseführer und Landkarte als auch, vor allem, mit dem Wetter-Vorhersage-App die Reise zu organisieren, haben wir schon gestern den heutigen Besuch in einem Museum in Vardø geplant. Wie wurden wir von dieser Ausstrahlung des Memorials überrascht! Das Ziel der Gedenkstätte ist es, an die 91 Opfer der Hexen- Verbrennungen des 17. Jahrhunderts in Finnmark zu gedenken. Die Macht der Umsetzung von der Künstlerin Louise Bourgeois und dem Architekten Peter Zumthor lies uns den Atem nehmen.

Schon die Lage hinter dem heutigen Friedhof weist auf die Gedenkstätte der Hingerichteten.
Der damalige Gerichtshof wird als Kubus dargestellt
Sieben Spiegel, sieben Richter, verurteilen Frau oder Mann zum Feuertod auf dem Scheiterhaufen
Gedenkhalle der Toten aus Jute, mit kleinen Fenster unterbrochen
Im Innern hängt an jedem Fenster, für jedes Opfer, ein Licht und an der Tafel wird ihr oder sein Name mit dessen Anklage genannt.
Und heute?

Wie in mehreren Orten in Norwegen gibt es in Vardø auch Strassenkunst.

Das Porträt wurde aus dem Verputz der Hauswand herausgekratzt.
Sieht die Zukunft so aus?
Hier ist ein Beobachtungsort für Wasservögel. Tatsächlich können wir Schwärme von Papageitaucher im Wasser und zu Luft sehen. Natürlich auch ihren Feind, der Seeadler.
Schlägt mein Herz beim Anblick eines Tieres oder Pflanze stärker, so rast es beim Niggi beim Sichten dieses alten Saab am Straßenrand.

Manchmal ist die Welt klein. Vor 5 Jahren traf Niggi Fritz aus dem Aargau, der das gleiche Auto zur selben Zeit wie wir gekauft hatte, in Schaffhausen. Er wollte nach Südamerika und wir nach Zentralasien. Und vor einer Woche trafen wir uns wieder am nördlichsten Leuchtturm der Welt.

Und so reisten wir dieses Jahr vom südlichsten Leuchtturm am Kap Agulhas in Südafrika zum nördlichsten.
Und von jetzt geht es südwärts, nicht direkt, sondern natürlich mit Schlenkern.
Zur Feier des Tages gab es King Crabs.
Einfach köstlich!

Durch Zufall entdeckte ich im Internet eine Seite, in deren der Autor beschreibt, wie er um der Kirche von Nesseby auf Varanger eine Sumpfohreule (Asio flammeus) sehen konnte. Nichts wir hin! Was sind 300 km (mit einem kleinem Umweg von 40 km, um Wattvögel zu bewundern), um eine Eule zu beobachten. Niggi zweifelte die ganze Zeit, ob wir eine Eule sichten können. Vielleicht hat sie schon wegen der vielen Ornithologen das Weite gesucht oder war schon gestorben oder hat das Revier gewechselt oder …

Kirche von Nesseby

Nein, wir sahen am Morgen zwei Sumpfohreulen, eine kleinere junge und eine größere alte. Und wir konnten sie ganz lange bei der Jagd nach Mäusen über eine abgemähte Wiese beobachten. Was für ein Glück! (Starrsinn zählt sich manchmal aus!)

Foto aus App “Der Kosmos Vogelführer”. Selber konnte ich nicht fotografieren, weil wir keinen Fotoapparat dabei haben.

Die Halbinsel Varanger ist ein Vogelparadies. Wir benutzten den gestrigen schönen Tag, um eine Bird watching Safari per pedes zu machen. (Es regnet nicht jeden Tag!)

Und schon sahen wir eine Dreizehen Möwe (Risa tridactyla) von ganz Nahem.
Nein, eigentlich viele!
Nein, ganz viele, die an der Steilküste nisten.
Nicht alle finden einen Platz im oder am Nest und sind auf Wartestellung.
Das musste ich fest halten.

Unterwegs fanden wir noch ganz viele Moltebeeren (Rubus chamaemorus), die wir natürlich nicht pflückten. Zeigt die Beere mit ihrer so schön rot leuchtenden Farbe uns an, ich bin noch nicht genießbar. Erst wenn die Früchte knallig gelb sind, anfangs Herbst, können sie geerntet werden. Sie gelten als Delikatesse.

Zur Zeit blüht in der Tundra das Wollgras. Wir lieben das strahlende Weiß, vor allem wenn die Sonne scheint.

Leider wuchert das schmalblättrige Weideröschen (Epilobium angustifolium) überall und verdrängt einheimische Pflanzen.

Immer wieder treffen wir auf Rentiere, die sehr scheu sind. Schnell laufen sie weg, wenn sie spüren, ich will sie fotografieren.

Die Heimreise beginnt!

15.07.2022 Nordkapp

Gestern haben wir es geschafft, wir sind am Norkapp angekommen. Genau vor einem Monat waren wir im sommerlichen Malmö und machten uns mit Skandinavien vertraut, fuhren mehrheitlich nordwärts und jetzt hört hier die Strasse am nördlichsten Punkt auf, am 71°10’21“ Breitengrad. Am 2. Januar waren wir am südlichsten Punkt in Afrika und fragten uns wie unsere Reise weitergeht.

Ein bisschen schräg ist es schon, Nebel, eigentlich warm, wenn nicht der kalte Wind wehen würde, Einsamkeit, viele Menschen, ….

Und wir sind nicht allein am Ziel der Ziele …

Eine von vier Reihen!
Norwegen ist ein phantastisches Reiseland. Es gibt für jeden etwas zu bestaunen.
Singschwan oder
Rentiere auf der Sommerweide oder
Tunnelrentiere, die sich abkühlen oder
riesengrosse Schwärme von Papageientaucher in der Luft und
im Wasser oder
Pottwale.

Fische vor allem Kabeljau wird in riesigen Mengen gefangen. Nicht nur heute, sondern schon immer war Kabeljau der Fangfisch von Norwegen.

Für die Fischer, die im Winter bei schlechtem Wetter eine Bleibe brauchten, wurden auf den Lofoten Schutzhütten gebaut, die heute Touristen mieten können.
Der Fisch wurde und wird heute noch draussen zum Trocknen aufgehängt
und nach Portugal, Italien oder sogar bis nach Nigeria verkauft.
Diesem luftgetrockneten Fisch, dem Stockfisch, nicht zu verwechseln mit dem Klippfisch, der gesalzen und so getrocknet wird, ist sogar auf den Lofoten ein Museum gewidmet.
Bei so viel Fisch gab es bei uns am Abend Pilze mit Semmelknödel.
Wo Fisch gibt, sind Möwen nicht weit entfernt. Warum nicht gleich auf dem Fenstersims nisten?
Wer auf den Lofoten seine Ferien verbringt, braucht auf keine Wohnmobilausstellung zu gehen. Alle Typen von WoMos sind hier vertreten. Unser Bänz gehört zu den kleineren. Vorsicht ist geboten auf den engen Strassen bei dreiachsigen Monster
oder vor Elche
oder vor Schildkröten.
Zum Glück gibt es noch Trolle, die am Wegesrand stehen
und auf die Urlauber aufpassen.

Ist eines meiner Ziele Tiere oder Blumen anzusehen, wie die Pflanzen im Botanischen Garten in Tromsø, dem nördlichsten Botanischen Garten der Hemisphäre, der sich auf alpine Pflanzen spezialisiert hat,

Meconopsis betonicifolia (blauer Scheinmohn, Tibet)
Cotyledon orbiculata (Rundblättriges Dickblatt, Südafrika)
Cypripedium candidum (weißer Frauenschuh, Nordamerika)

so kann sich Niggi mehr für Gletscher und Berge begeistern.

Der Svartisen-Gletscher, der zweitgrößte Skandinaviens, fließt beinahe ins Meer. Vor 100 Jahren reichte er wirklich bis ans Meer.
Niggi ließ es sich nicht nehmen bis an den Rand zu klettern.

Überhaupt ist die Landschaft grandios. Immer wieder müssen wir anhalten und die Aussicht bewundern.

Sind wir im März in den Sudan gereist, um Felsbilder zu betrachten, so mussten wir hier in Norwegen nicht so weit reisen, um die nördlichsten Felsbilder anzusehen.

Jäger und Rentiere
Wunderschön sind die Darstellungen der Bären
Rentiere wurden innerhalb von Zäunen getrieben, während Elche außerhalb lebten, eigentlich wie heute, 7000 Jahre später
Selbst Wale wurden so gezeichnet, als ob sie in den “Wasserstrudel” eintauchen würden
In den jüngeren Bilder kamen die Wasservögel dazu. Lustig dargestellt ist wie sich ein Kormoran seine Flügel trocknet (links unten).

Im Norden Skandinavien leben die Samen, fälschlicherweise oftmals auch als “Lappen” bezeichnet, die sich immer mehr zurückziehen mussten, bis in diesen unwirtlichen Teil Nordeuropas. Sie lebten als Halbnomaden und wohnten in Zelten. Früher hatten sie Holzhütten, deren Dächer mit Birkenrinde abgedeckt wurden. Darauf wurden Torfplatten als Isolierung gelegt.

Diese Hütten waren niedrig.
Auch Erdhügel eigneten sich als Schutz vor Wind und Kälte.
Auch heute noch werden Hütten mit Erde isoliert.
Auch futuristisch aussehende Gebäude werden errichtet, wie diese Kirche, die mit besonderen Titanplatten bedeckt wurde, um das Polarlicht zu reflektieren.
Zum tiefsten Canyon in Nordeuropa wanderten wir um 22:00 Uhr. Warum nicht? Die Sonne geht nicht unter, es wird ja nicht dunkel.

01.07.2022 Holm, Norwegen, 2 m über dem Meer

Schon ist es Juli! Und die Zeit drängt, wollen wir anfangs September doch wieder in Sarnen sein! So viel ist noch zu sehen und an das Nordkap wollen wir doch auch noch! Ich weiss es nicht, wie die vielen Touristen aus Deutschland in drei Wochen Ferien zum Nordkap und zurück fahren können. Für mich unverständlich! Für Schweden haben wir zwei Wochen gebraucht und haben sooooo viel nicht gesehen!

Grüne Strecke. Rote Strecke ist Planung.

Vor drei Tagen überquerten wir die Grenze in der Nähe von Strömsund. Die letzten Nächte in Schweden genossen wir noch an Seen mit Baden und Lagerfeuer.

Kaum über der Grenze erwartete uns Berge, Schnee und Wasserfälle. Und Fjorde! Und nochmals Fjorde!

Seen, Fjorde so nicht zu unterscheiden, nur das Wasser im Fjord ist salzhaltig. Das habe ich heute gekostet, als ich in der kalten Nordsee badete.
Die Strassen schlängeln sich den Fjorden entlang. Brücken oder Fähren überwinden das Meer. ( Ganz klein und weit in der Ferne sieht man eine von den unzähligen Brücken.)

Wohnmobile überfallen Norwegen, das wie Schweden „wild Campen“ erlaubt. So freundliche Informationstafeln habe ich noch nie in einem Land gesehen, um das Besetzen von Rastplätzen zu verhindern.

Nach Graffiti gibt es hier eine andere Darstellung von Kreativität im öffentlichen Raum: Gummimuster auf der Strasse mit dem Auto ziehen. Es muss furchtbar stinken, wenn diese Abdrücke mit angezogenen Bremsen auf die Strassen „gemalt“ werden. Aber es braucht auch fahrerisches Können!

Nordnorwegen, das sind Berge. Wunderbar für Niggi. Endlich kann er uphill stürmen und muss nicht wie in Schweden stundenlang in der Ebene tschalpen.

Ab und zu sehen wir auch Tiere. Leider nicht so wie in Afrika.

Lachse
Fuchs
ein scheues Ren im Fellwechsel

Dafür Blumen!

Moosglöckchen, das zu Ehren von Linné seinen Namen bekommen hat: Linnaea boralis. Es kommt wie der botanische Namen „borealis“ sagt, aus dem Norden kommend, in nördlichen Regionen Eurasiens und Nordamerika vor. Falls jemand immer noch nicht Herrn Linné kennt, sollte meinen letzten Blog von Öresund lesen.
Natürlich freue ich mich, wenn ich wieder einmal eine Orchidee sehe, wie das gefleckte Knabenkraut (Dactylorhiza maculata), das eigentlich gar nicht so selten ist.
Dagegen ist das Fuchs‘Knabenkraut ( Dactylorhiza fuchsii) eher seltener.
So habe ich mich wahnsinnig gefreut den rundblättrigen Sonnentau (Drosera rotundifolia) zu finden, eine fleischfressende Pflanze, die nur in Sümpfen und Mooren gedeiht. Sie fängt ihr Beute, kleine Insekten, mit dem klebrigen Saft aus ihren Blättern und verdaut dann diese. Sie braucht den Stickstoff von ihnen, weil Moore stickstoffarme Böden sind.
Um ihre Grösse abzuschätzen, habe ich den Deckel von einer kleinen Wasserflasche daneben gelegt.